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Umsatzsteuerliche Behandlung von Milchmischgetränken

 

Die Betreiber von Bäckereien, Imbissständen, Kioskbetrieben, Raststätten und Tankstellen, Cafés sowie die Systemgastronomie sollten die steuerliche Behandlung von Kaffees zum Mitnehmen ("coffee-to-go") und von Milchmischgetränken (Cappuccini etc.) prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen für eine Richtigstellung ergreifen.

Die Oberfinanzdirektion Frankfurt/M. hat sich in einer Verfügung vom 4. April 2014 (S 7222 A - 7 - St 16) zu der umsatzsteuerlichen Behandlung geäußert.

Die wesentlichen Aussagen im Einzelnen:

  • Die Lieferung von zubereiteten Kaffees ("coffee-to-go") und Tees unterliegt grundsätzlich dem Regelsteuersatz von 19%, da diese nicht dem § 12 Abs.2 i.V. Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz unterfallen. Lediglich die Lieferungen von Kaffeepulver, Kaffeebohnen oder geschnittenem Tee unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Der Bundesfinanzhof hat zuletzt mit Beschluss vom 29.08.2013 ( XI B 79/12) bestätigt, dass die Abgabe von frisch zubereiteten Kaffeegetränken an einem Imbissstand nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und eine entsprechende Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil nicht zugelassen.
  • Anders jedoch bei der Lieferung von Milchmischgetränken zum Mitnehmen: Hier kann der ermäßigte Steuersatz von 7% zur Anwendung kommen. § 12 Abs.2 Nr.1 UStG in Verbindung mit Nr. 35 der Anlage 2 bestimmt, dass "…Milchmischgetränke mit einem Anteil an Milch oder Milcherzeugnissen (…) von mindestens 75 Prozent des Fertigerzeugnisses…" dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
  • Der Verzehr von – zwar als Lieferung grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz unterfallenden - Milchmischgetränken wird hingegen als sonstige Leistung dem allgemeinen Steuersatz von 19% unterworfen, sofern dieser im Rahmen einer Restaurationsleistung, z.B. im Café, erfolgt.

Kaffee ist also nicht gleich Kaffee.

Was die Baristas sowieso schon immer wussten, beschäftigt zuweilen auch die steuerlichen Berater. Nachfolgend sollen daher die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung von Milchmischgetränken zum Mitnehmen dargestellt werden.

Der enthaltene Milchanteil entscheidet über das umsatzsteuerliche Schicksal des Cappuccino, wobei auf die Gewichtsverhältnisse und nicht auf das Volumen oder den Tasseninhalt abgestellt wird. Dass zur Bestimmung der Anteile das Massenverhältnis und nicht der Rauminhalt heranzuziehen ist, ergibt sich u.a. aus einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover und der Umsatzsteuerkommentierung, vgl. Klenk in Sölch, UStG-Kommentar.

Die kleine und feine Unterscheidung kann für Gastronomen besondere Bedeutung erlangen, wenn hier nicht bereits im Vorwege Sicherheit geschaffen worden ist. Besser also zur rechten Zeit Vorsorge treffen und keine Überraschungen erleben, die dann möglicherweise nicht mehr zu reparieren sind.

Beispiel:

Gastronom B.A.Rista bietet seinen Kunden heißen Kaffee zum Mitnehmen an. Im Durchschnitt nehmen 150 Kunden pro Tag sein Angebot in Anspruch. Der Preis beträgt EUR 2,50. Rista rechnet alle Kaffees mit 7% Umsatzsteuer ab. Ein Fehler, wie sich herausstellt. In der Betriebsprüfung durch das Finanzamt wird festgestellt, dass die Lieferung von Kaffee zum Mitnehmen dem Regelsteuersatz unterliegt. Der Betriebsprüfer macht dann die folgende Rechnung auf und erlässt geänderte Umsatzsteuerbescheide:

150 Kaffee/Tag x 6-Tage/Woche x 52 Wochen x EUR 2,50 = Bruttoumsatz EUR 117.000 pro Jahr.

Hierin enthaltene Umsatzsteuer von 19% USt = EUR 18.680. B.A. Rista hat aber bislang lediglich 7% USt = EUR 7.654 Umsatzsteuer berechnet, in seinen Umsatzsteuererklärungen erklärt und bezahlt. Die Steuernachzahlung aufgrund des falschen Steuersatzes beläuft sich sich entsprechend auf EUR 11.026 pro Jahr. Hinzu kommen noch Zinsen in Höhe von 6%.

Wie sieht es bei Cappuccini aus?

Das Italian Espresso National Institute definiert den auf zertifizierte Weise traditionell zubereiteten Cappuccino zu Recht als den einzig wahren Cappuccino. Dieser wird nach dieser Spezifikation mit 25 ml Espresso und 100 ml (auf 125l ml dampfaufgeschäumter) Milch zubereitet. Der Milchgewichtsanteil am Fertigprodukt beträgt demnach beim Klassiker 80% (100ml:125ml) und die Voraussetzungen für die ermäßigte Besteuerung wären damit klar erfüllt.

Hingegen kommt es im Steuerrecht stets auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Eine abweichend vom zertifizierten italienischen Cappuccino hergestellte Eigenkreation eines Gastronomen könnte auch einen höheren Anteil Kaffee bzw. geringeren Anteil Milch enthalten. Fällt hierbei der Milchgewichtsanteil unter die 75%-Schwelle, so sind die Voraussetzungen für die ermäßigte Besteuerung nicht mehr erfüllt und der Gastronom schuldet 19% Umsatzsteuer.

Ein Blick auf die individuelle Zubereitung ergibt in diesem Fall Aufschluss über den tatsächlichen Milchanteil.

Dieser Beitrag wurde unter freundlichem Hinweis auf die zertifizierte Cappuccino-Zubereitung von Michael Gerner, Dresden von uns überarbeitet, Januar 2017.

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