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Wenn sich die Betriebsprüfung ankündigt und im Verlaufe der Prüfung den „Zeitreihenvergleich“ zieht, droht Ungemach. Das Finanzamt schätzt dann häufig großzügig(st) Einnahmen hinzu und setzt im Anschluss vollstreckbare Steuerbescheide in die Welt. Das soll in der Vergangenheit schon zu Existenz bedrohenden Steuernachzahlungen geführt haben.

Schätzungsbefugnisse können dann zur Anwendung kommen, wenn die Ordnungsmäßigkeit der Finanzbuchführung erschüttert ist, d.h. die Finanzbuchführung der Einkünfteermittlung und der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann, weil z.B. erhebliche Mängel festgestellt worden sind.

Der Bundesfinanzhof hat sich in seinem Urteil vom 25.03.2015 (X R 20/13) mit dieser verbreiteten Schätzungsmethode auseinandergesetzt. Danach ist der Zeitreihenvergleich nur unter bestimmten Einschränkungen zulässig und der BFH entschärft ein Stück weit die möglichen Konsequenzen aus der Betriebsprüfung.


Erläuterung zum Zeitreihenvergleich:

Die BP bedient sich bei der Hinzuschätzung von Einnahmen mathematisch-statistischen Verprobungsmethoden, z.B. einem Zeitreihenvergleich.
Dabei wird dann für jede Woche des Wirtschaftsjahres ein Rohgewinnaufschlagssatz errechnet, im Ergebnis 52 Stück. Der höchste Wert dieser dient dann als Referenz und die BP geht davon aus, dass das der übliche Aufschlagssatz im Betrieb ist und was nach der Buchführung hieran noch fehlt dann wohl unverbuchte Betriebseinnahmen sein müssen. Das unerfreuliche – und nicht selten unrealistische – Ergebnis sind empfindliche Hinzuschätzungen auf der Basis von Rohgewinnaufschlagsspitzen, die jedenfalls im typischen Betriebsverlauf nicht oder kaum vorkommen.

Der Streitfall:
Das Finanzamt nahm bei einem Gastronomen erhebliche Hinzuschätzungen von Umsatzerlösen vor, deren Höhe es ausschließlich auf den Zeitreihenvergleich stützte. Nach Ansicht der BP wies die Buchführung formelle Mängel auf. Der Bundesfinanzhof hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Aus dem Urteilstext:
Die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs setzt voraus, dass im Betrieb das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum weitgehend konstant ist. Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs geführt werden. Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nur dann einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden, wenn andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen, nicht sinnvoll einsetzbar sind. Steht bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung sowohl formell als auch materiell unrichtig ist und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines – technisch korrekt durchgeführten – Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.

(Betriebsprüfung: Zeitreihenvergleich nur eingeschränkt zulässig)


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