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Ein neues Urteil der ArbeitsgerichtsbarkeitFoto zu den wiederkehrenden Fragen im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Mandantenübernahmeklauseln, zu Entschädigungszahlungen an den ehemaligen Arbeitgeber und zu Karenzentschädigungen aufgrund nachvertraglicher Wettbewerbsverbote reiht sich ein in die bisherigen Rechtsprechungen, die für angestellte Steuerberater und Rechtsanwälte ergangen sind.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) hatte nun mit Urteil vom 1.7.2014 (AZ. 1 Sa 392/13) zu der Wirksamkeit einzelner Regelungen des Arbeitsvertrages eines Steuerberaters zu entscheiden.

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Bereits in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Kiel (5 Ca 831 a/13) unterlag die ehemalige Arbeitgeberin, eine Steuerberatungsgesellschaft mit Geschäftsstellen in Norddeutschland. Die Klage wurde abgewiesen.

Sachverhalt:
Der angestellte Steuerberater und Leiter einer Geschäftsstelle der Arbeitgeberin kündigte nach 19 Jahren fristgerecht seinen Dienstvertrag zum 31.12.2012. Die Arbeitgeberin verzichtete noch während des bestehenden Dienstverhältnisses auf das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot und vermied so ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Zahlung von Karenzentschädigungen an den Steuerberater für die Dauer von zwei Jahren. Gleichzeitig wollte die Steuerberatungsgesellschaft aber an der vereinbarten Mandantenübernahmeklausel festhalten. Diese Klausel sah vor, dass der Steuerberater für die bisher von der Arbeitgeberin beratenen Mandanten eine Entschädigung in Höhe eines vollen Jahresumsatzes (100%) zu leisten hätte, sofern er bisherige Mandate der Arbeitgeberin nach seinem Ausscheiden selbst übernimmt. Diese Regelung war zeitlich auch nicht beschränkt.

Auszug aus dem Anstellungsvertrag:

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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Fall der Kündigung

1.a) Herr B… verpflichtet sich, nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis aufgrund einer Kündigung, gleich aus welchem Grunde und von welcher Vertragspartei sie erfolgt, 2 Jahre lang weder entgeltlich noch unentgeltlich, mittelbar oder unmittelbar, eine buchführungsmäßige, steuerliche oder wirtschaftliche Betreuung von solchen Auftraggebern auszuführen, die im Zeitpunkt der Kündigung des Dienstvertrages, gleich aus welchem Grund und von welcher Seite die Kündigung erfolgt, Auftraggeber der Gesellschaft waren.

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt nicht für den Fall des Ausscheidens in Folge des Eintritts in den Ruhestand aufgrund Erreichens der Altersgrenze oder bei Eintritt in die Altersteilzeit.

2. Sofern die Gesellschaft gemäß § 75 a HGB auf die Geltendmachung vorstehender Mandantenschutzklausel verzichtet oder im Einzelfall – gleich aus welchem Grunde – Auftraggeber der Gesellschaft im Einverständnis mit diesem durch den ausgeschiedenen Beratungsstellenleiter weiter betreut werden, zahlt dieser die berufsübliche Vergütung für die Übernahme eines Mandats (gegenwärtig 1 Jahresumsatz aus dem Durchschnitt der letzten beiden Jahre vor Übernahme des Mandats) an die Gesellschaft.“ 

Der Urteilsbegründung des LAG lassen sich die folgenden wichtigen Aussagen entnehmen:

  • Die vereinbarte Mandantenübernahmeklausel ist wegen einer Umgehung der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) gemäß § 75 d Satz 2 HGB unwirksam.
  • Hinsichtlich der Wirksamkeit von § 8 Ziffer 2 der Arbeitsverträge des Klägers gelten die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit von Mandantenübernahmeklauseln.
  • Eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung stellt dann eine Umgehung im Sinne von § 75 d Satz 2 HGB dar, wenn die Konditionen so gestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht lohnt.
  • Mit diesem Inhalt ist die zwischen den Parteien vereinbarte Mandantenschutzklausel unwirksam, weil sie dazu führen kann, dass die Annahme eines Mandats sich für den Kläger wirtschaftlich nicht lohnt und er damit in unzulässiger Weise in seiner Wettbewerbsfreiheit beschränkt wird.
  • Eine unbefristete Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigung aufgrund von übernommenen Mandatsverhältnissen führt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung.
  • Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann vor, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
  • Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich frei darin, ob er gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber Wettbewerbstätigkeiten entfaltet. Das ist das gesetzliche Leitbild, dem die Vereinbarung einer entschädigungslosen Mandantenübernahmeklausel widerspricht. Da die Parteien keine Zahlungen der Beklagten an den Kläger für die Vereinbarung der Mandantenübernahmeklausel vorgesehen haben, bleibt es bei deren Unwirksamkeit.

 

Nachrichtlich:
Dieses Urteil wurde im Register „Beruf“ der Steuerfachzeitschrift DStR (Deutsches Steuerrecht) in der Ausgabe 47/2014 vom 21.11.2014 besprochen (LAG Schleswig-Holstein: Zur Wirksamkeit einer zwischen Berufsträgern vereinbarten Mandantenübernahmeklausel unter Berücksichtigung von § 75d S. 2 HGB und § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, DStR 2014, 2363).

Nachrichtlich 2 (28.11.2014):
Die vom Arbeitgeber erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) ist vom Bundesarbeitsgericht (BAG) abgewiesen worden.


 

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