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Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe bei Anmeldung zu Beginn des Folgejahres

FG Köln, Urt. v. 13.9.2023 – 9 K 2150/20

Juni 2024

Die Umsatzsteuervorauszahlung stellt bei sog. §4-Abs.3-Rechnern bzw. bei Einnahmen-Überschussrechnern grundsätzlich eine zu berücksichtigende wiederkehrende Betriebsausgabe dar. In der Rechtsprechung immer wieder strittig ist dabei die Frage, ob eine Umsatzsteuervorauszahlung, die im zeitlichen Schnittpunkt zweier Kalenderjahre unter Berücksichtigung der sog. 10-Jahres-Regelung angemeldet und entrichtet wird, noch im alten oder erst im neuen Kalenderjahr in Abzug gebracht werden kann.

Aus Sicht des Mandanten ist es - von der Inanspruchnahme bestimmter Progressionsvorteile abgesehen - zumeist sinnvoll und von Interesse, eine Betriebsausgabe so früh wie möglich gewinnmindernd in Ansatz bringen zu können, da sich die festzusetzenden Ertragsteuern für ein früheres Jahr finanzwirtschaftlich günstiger darstellen, als ihr Ansatz und der Abzug in einem nachfolgenden bzw. einem späteren Jahr.

Das Finanzgericht hatte sich mit einem weiteren Klageverfahren zu beschäftigen und hat dazu mit Urteil vom 13.09.2023 wie folgt entschieden:

  • Wenn ein Steuerpflichtiger ohne Dauerfristverlängerung, der seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum November des Jahres 01 erst am 10. Januar des Jahres 02 anmeldet und der Zahlbetrag am 16. Januar des Jahres 02 mittels Lastschrift eingezogen wird, ist die Zahlung im Jahre 02 geleistet und in diesem Jahr als Betriebsausgabe abziehbar.
  • Die Zahlungsfiktion des § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO, wonach im Falle einer Einzugsermächtigung die Zahlung als am Fälligkeitstag geleistet gilt, führt nicht zu einer Verschiebung des Abflusses in das Vorjahr, weil diese Fiktion lediglich den Zweck hat, dem Steuerpflichtigen nicht den Nachteil aufzubürden, der durch eine von der Finanzbehörde zu vertretende spätere Ausführung der Einzugsermächtigung entstünde.
  • Der Zahlungsabfluss wird ferner nicht gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EStG in das Vorjahr vorverlegt.
  • Die Ausnahme vom Abflussprinzip greift nur dann, wenn die zugrunde liegende Forderung auch innerhalb der genannten kurzen Frist (Zehn-Tage-Zeitraum) fällig geworden ist (Anschluss an BFH v. 16.2.2022, X R 2/21, BStBl. II 2022, 448, DStR 2022, 1101).
  • Eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung wird am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, auch wenn bis dahin weder eine Steueranmeldung eingereicht noch ein Schätzungsbescheid erlassen wurde.

 

Entscheidung

Die am 10. Januar 2018 angemeldete Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017 sei als Betriebsausgabe für 2018 im Jahr der Zahlung gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG anzusetzen. Für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gelte das Zufluss-Abfluss-Prinzip; die Ausnahme nach § 11 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EStG liege nicht vor. Nach dieser Sonderregelung sei für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, zu denen die Umsatzsteuervorauszahlung gehöre, nur für den im Gesetz genannten Zeitraum vor Beginn und nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zuordnung der Zahlungen Vorrang einzuräumen, insbesondere um Zufallsergebnisse um den Jahreswechsel zu korrigieren. Auch die Zahlungsfiktion des § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO führe nicht zu einer Verschiebung des Abflusses in das Vorjahr. Denn zum gesetzlichen Fälligkeitstag der Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017 habe es an der Anmeldung der Umsatzsteuervorauszahlung gefehlt, mithin an der Bestimmung des Steueranspruchs als Erhebungsvoraussetzung. Die Umsatzsteuervorauszahlung November 2017 sei bereits am 10. Dezember 2017 fällig gewesen, damit nicht innerhalb der nach § 11 Abs. 1 S. 2 EStG erforderlichen kurzen Frist. Da gemäß § 220 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 1 S. 4 UStG die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung gesetzlich bestimmt sei, hänge die Fälligkeit nicht von der Anmeldung durch den Steuerpflichtigen ab.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt zutreffend die gesetzlichen Vorgaben einer Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, die bei entsprechender Anwendung von § 11 EStG dem vereinfachenden „Kassenprinzip“ Vorrang vor der periodengerechten Gewinnermittlung einräumt. Folgerichtig ist daher die Zuordnung der Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017 als Betriebsausgabe für 2018 im Jahr der Zahlung. Deren Fälligkeit ist von Gesetz wegen bestimmt, dies war der 10. Dezember 2017, damit nicht innerhalb der Frist von § 11 Abs. 1 S. 2 EStG. Die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung steht nicht zur Disposition verspäteter Anmeldung; dies folgt meines Erachtens auch nicht aus § 220 Abs. 2 S. 2 AO (vgl. hierzu AEAO zu § 168 Nr. 8). Mit Wirkung vom 1. Juli 2021 wurde § 18 Abs. 1 S. 4 UStG neu gefasst und durch ein Entrichtungsgebot ergänzt.

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